Mit Volldampf zum Jubiläum
Zwischen Freud und Leid: Kleinbahnverein feiert Geburtstag und erinnert an die letzte Fahrt der Kleinbahn vor 60 Jahren. Am Wochenende bietet sich in Magdeburgerforth die seltene Gelegenheit, mit einer Dampflok zu fahren.
Von Stephen Zechendorf
Magdeburgerforth ● Großer Bahnhof herrschte am vergangenen Wochenende am Kleinbahnhof Magdeburgerforth – und auch am kommenden Wochenende können Familien und Bahnfans noch einmal mit Volldampf im Sonderzug auf Schmalspurfahrt gehen. Zwei besondere Anlässe sorgen derzeit für Trubel an der Bahnsteigkante des Kleinbahnhofes. Am zurückliegenden Wochenende feierte der Traditionsverein Kleinbahn des Kreises Jerichow I sein 25-jähriges Bestehen mit mehreren hundert Besuchern. Ehrengast war dabei die Gastdampflok „99 1608-1“ aus Radebeul. Nicht auf Schienen, sondern per Tieflader war die alte Dame nach Magdeburgerforth gebracht worden, um hier Ehrenrunden zu drehen. Auch am kommenden Wochenende sind Sonderfahrten unter Dampf möglich. Am 20. und 21. September soll an den 60. Jahrestag der letzten Fahrt der Kleinbahn auf dieser Strecke erinnert werden.
 Eisenbahnromantik in Magdeburgerforth. Man muss sich nur entscheiden, ob man schöne Fotos von der Bahn oder aus der Bahn machen will. Foto: S. Zechendorf
Neuer Streckenabschnitt
Seit 25 Jahren engagiert sich der Verein für den Wiederaufbau eines Teilstücks der ehemaligen Kleinbahnen des Kreises Jerichow I als schmalspurige Museumsbahn mit 750 mm Spurweite. „Dank umfangreicher Aktivitäten der über 70 Vereinsmitglieder und Firmen, sowie viel Unterstützung von Stadt, Landkreis und Land verkehrt die Museumsbahn mit historischen Fahrzeugen auf einem 1,8 Kilometer langen Abschnitt zwischen den Haltestellen Magdeburgerforth Mitte und dem Lumpenbahnhof“, informiert Vereinsvorsitzender Kilian Kindelberger.
Doch längst blicken die Vereinsleute über das aktuelle Gleis-Ende hinaus: Die Landespolitik habe den Vereinsleuten versprochen, in den Jahren 2026/27 den Bau eines unbeschrankten Bahnüberganges am Noch-Endhaltepunkt „Magdeburgerforth Mitte“ zu finanzieren, so der Vereinschef. Somit wäre die Anbindung an das vier Kilometer entfernte Altengrabow möglich.
Fahren unter Dampf
Der Zug fährt am Samstag, 20. September, von 10 bis 18 Uhr und am Sonntag, den 21. September von 10 – 16 Uhr zu jeder vollen Stunde, der erste 10 Uhr und der letzte jeweils eine Stunde vor Ende.
Der Eintritt für Erwachsene liegt bei 2 Euro, Kinder bis 14 Jahre zahlen 1 Euro. Die Fahrpreise liegen bei 8 bzw. 6 Euro. Für Familien gibt es Ermäßigungen. Der Kleinbahnhof liegt in der Forststraße 6 in Magdeburgerforth (weitere Infos unter www.kj-1.de). |
Alle warten auf „Emma“
Aktuell wartet man jedoch auf die Fertigstellung der eigenen Dampflok „Emma“. Die Lok mit der Nummer „99 4721“ befindet sich derzeit in Aufarbeitung in Marienberg. „Sie ist zu 60 Prozent fertig“, sagt Vereinschef Kindelberger: „Wir gehen davon aus, dass sie im Herbst nächsten Jahres fertig ist.“ Mit Kosten von bis zu 400.000 Euro rechnet man im Verein. Neben Fördermitteln, etwa aus den Fördertöpfen für technische Denkmäler, nimmt der Verein auch Spenden für den Eigenanteil entgegen. Damit „Emma“ dann auch auf den Gleisen des Vereines fahren darf, braucht es noch ausgebildete Lokführer. Vereinsmitglied Benjamin Ebrecht absolviert derzeit eine solche Ausbildung.
Bis zu zwölf Fahrtage
Einer, der sich an die Anfänge des Vereines erinnern kann, ist Ingo Dorbrietz: „Damals wollte der Verein nur ein Museum zur Kleinbahn einrichten. An Fahrten dachte da noch keiner. Seit dem Jahr 1965 fuhr hier kein Zug mehr.“ Dorbrietz ist auf dem Bahnhof aufgewachsen, sein Vater war der letzte Bahnhofsvorsteher. Inzwischen ist Dorbrietz bei den beliebten Sonderfahrten als Zugführer im Zug mit dabei: „Nach anfänglicher Skepsis der Bevölkerung gibt es eigentlich keine Probleme, vielleicht mal Beschwerden wegen der Signale.“ An bis zu zwölf Tagen bietet der Verein Fahrten an, darunter die Nikolaus- und Glühweinfahrten oder zum Schulanfang die Zuckertütenfahrt. Dazu kommen Charter-Fahrten von Firmen oder Feiergruppen.
 Experten im Führerhaus: (von links) Lokführer Uwe Mehnert, als Heizer Benjamin Ebrecht und Ausbilder Carsten Müller. Foto: S. Zechendorf
Am kommenden Wochenende soll mit stündlichen Sonderfahrten mit der Gast-Dampflok an das Ende der Bahnstrecke vor 60 Jahren erinnert werden. Für Kinder wird die Feldbahn fahren, die Gartenbahnanlage sowie der Museumsraum sind geöffnet. Für das leibliche Wohl ist gesorgt. „Kohldampf“ muss in M’forth keiner haben.
Und natürlich kann man sich von den Vereinsleuten erklären lassen, wie eine Dampflok überhaupt funktioniert. Willkommen sind auch neue Vereinsmitglieder, sagt Dorbrietz. Besondere Kenntnisse müsse man nicht mitbringen. Bei den Treffen wird am Bahnhofsumfeld, den Fahrzeugen oder an den Gebäuden gearbeitet. |